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In schwierigem Gelände den richtigen Weg finden

Die EU hat eine Richtlinie – zum Präventiven Restrukturierungsrahmen erlassen, die seit dem 1.1.2021 in Deutschland als Gesetz in Kraft getreten ist.

Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten der vor-insolvenzlichen Unternehmens-Restrukturierung und -Sanierung durch das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungs-Gesetz – SanInsFOG

und insbesondere durch das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz – StaRUG

Die EU will die Insolvenz- bzw. die Sanierungsgesetze der Mitgliedsstaaten harmonisieren und einen gesetzlichen Rahmen für die frühzeitige Restrukturierung von Unternehmen in der Krise zu etablieren.

Die Zielsetzung der EU ist, die Insolvenz eines Schuldner-Unternehmens abwenden (Art. 1 Abs. 1 lit. a), 4 Abs. 1) und die Bestandsfähigkeit der Unternehmen sicherstellen.

Das neue Gesetz soll möglichst vielen Unternehmen in der EU ermöglichen,

  • frühzeitig und mit geringen Eintrittsschwellen,
  • schnell und mit wenig Beteiligung von Gerichten / Behörden,
  • in einem eigenverwalteten Verfahren, mit Schutzanordnungen und gerichtlichen Verfahrensschritten 

zu restrukturieren und so eine Insolvenz zu vermeiden.

Durch das neue Gesetz StaRUG wird es den Unternehmen ermöglicht, die vor-insolvenzlichen Verhandlungen zu einem Restrukturierungsplan selbst zu führen und den Plan auch selbst zur Abstimmung zu stellen.

Das Instrumentarium des Rahmens steht im Stadium der drohenden und noch nicht eingetretenen Zahlungsunfähigkeit (Zeitrahmen 24 Monate) zur Verfügung. Das gesetzlich vorgesehene Instrumentarium erlaubt, unterschiedliche Rechtsverhältnisse mit Eingriff in bestimmte Gläubigerrechte gestalten zu können. 

Bei adäquater Nutzung kann das neue Gesetz die Restrukturierungsperspektiven von Unternehmen substantiell verbessern.

Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz / StaRUG – Überblick Inhalte

Die Restrukturierung im Sinne des StaRUG muss gut vorbereitet sein! Es muss sichergestellt sein, dass das Unternehmen für die Dauer der Restrukturierung fortgeführt werden kann und zahlungsfähig bleibt.

Das Verfahren wird vom Schuldner-Unternehmen selbst durchgeführt, das auch die Kontrolle über sein Unternehmen behält.

Aufgrund der substantiellen Eingriffsrechte des neuen Instrumentariums wird im Gesetz aber ein detailliert geregeltes Verfahren (außergerichtlich oder unter gerichtlicher Aufsicht) definiert.

Die wesentlichen Elemente der Restrukturierung gemäß StaRUG sind:

Notwendig: System zur Krisenfrüherkennung und -management

Kernelelement: der Restrukturierungsplan und der flexibel nutzbare Baukasten an Restrukturierungsmaßnahmen

Neue Pflichten und erweiterte Haftung für Geschäftsleiter

Neue Beteiligte: Sanierungsmoderation und Restrukturierungsbeauftragter

Instrumentarium des StaRUG

Gestaltbare Rechtsverhältnisse

  • Sämtliche Gläubigerforderungen (außer Arbeitnehmerforderungen) zum Zeitpunkt der Planvorlage    
  • Forderungen aus Sicherungsrechten         
  • Anteils- und Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter    
  • Gestaltung von Finanzierungsverträgen (Betriebsmittel von mehreren Gläubiger / Konsortialkredite)                                                                                                                                                                           

Sonstige Rahmenbedingungen

Zur Wahrung der Chancen einer erfolgreichen Restrukturierung kann auf Antrag des Schuldner-Unternehmens eine Stabilisierungsanordnung erfolgen.  Das ist die temporäre Verhinderung von Vollstreckungsmaßnahmen sowie die Verwertungssperre von Gegenständen, die für die Fortführung notwendig sind.

Nicht gestaltbare Rechtsverhältnisse  

  • Arbeitnehmerforderungen inkl. Altersvorsorge sind nicht gestaltbar. Hier gelten weiterhin dieselben rechtlichen Bestimmungen und Verhandlungsmöglichkeiten wie in bisherigen Restrukturierungen. 
  • Die einseitige Beendigung von gegenseitigen, nicht vollständig erfüllten Verträgen (Dauerschuldverhältnisse) ist nicht möglich; dies gilt z.B. für Mietverträge oder sonstige ähnliche Verträge. Diese Möglichkeit besteht weiterhin ausschließlich im Insolvenzverfahren.                                                   

Der Restrukturierungsplan

  • Kernbestandteil: Restrukturierungsplan. Der vom Unternehmen zu erarbeitende Restrukturierungsplan ist die Grundlage des gesamten Vorgehen; seine mehrheitliche Annahme durch eine Gläubigergruppe (75%) oder die gerichtliche Bestätigung ermöglicht die Durchführung
  • Restrukturierungsplan – darstellender Teil. Dieser beschreibt alle Fakten, die zur Beurteilung der Krise und ihrer Bewältigung sowie für die Entscheidung der Planbetroffenen bzw. die gerichtliche Planbestätigung notwendig sind. Ebenfalls ist im Detail eine Vergleichsrechnung der Befriedigungsaussichten für die Gläubiger zu erstellen (Restrukturierung nach Plan vs. Fortführung ohne Plan) 
  • Restrukturierungsplan – gestaltender Teil. Dieser Teil legt fest, wie die Rechtstellung der Inhaber von Restruktu- rierungsforderungen innerhalb der Gläubigergruppen durch den Plan geändert werden soll. Ebenso ist dem Plan eine detailliert begründete Prognose bzw. Erklärung beizufügen, wie die drohende Zahlungs-unfähigkeit abgewendet und die Bestandfähigkeit des Unternehmens wieder hergestellt wird.

Restrukturierungsplan – Praktische Durchführung

  • Grundlage des Restrukturierungsplans, der i.d.R. substantielle Eingriffe in Gläubigerrechte beinhaltet, muss eine besonders valide Planung sein.
  • Die Nutzung der Möglichkeiten des StaRUG setzt deshalb die rechtzeitige, sorgfältige und umfassende Vorbereitung des Restrukturierungsvorhabens voraus. Dies gilt für eine möglichst präzise Situations- und Krisenanalyse, die detaillierte Planung der eingesetzten StaRUG-Instrumente und deren Auswirkungen sowie eine genaue Kenntnis der erforderlichen gerichtlichen Verfahrensabläufe.
  • Qualität der Restrukturierungsplanung. Ausschlaggebend für eine nachhaltige, vor-insolvenzliche Restrukturierung ist, dass neben rechtlichen Kenntnissen insbesondere strategische, leistungs- und finanzwirtschaftliche Restrukturierungs-erfahrung vorhanden ist. Hier bietet sich ganz besonders der Einsatz von Restrukturierungsexperten (CRO`s) mit operativer Fach- und Führungserfahrung an.

StaRUG – Gesetzlicher Rahmen, neue Pflichten, Haftung

Flexibles Instrumentarium: Das Gesetz (StaRUG) bietet einen flexiblen Baukasten an Eingriffsmöglichkeiten, eine Restrukturierung ohne Insolvenz durchzuführen. Die vielfältigen Instrumente sind einzeln und/oder für nur eine Gläubigergruppe anwendbar sowie gruppenübergreifend und gesamthaft nutzbar.

Neue Pflichten: Die Anforderungen an Geschäftsleiter werden höher und komplexer:                                                               

Pflicht zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement                         

Pflicht zur Wahrung der Interessen der Gesamtheit der Gläubiger          

Betreibung der Restrukturierung mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters                                                             

Pflicht zur sofortigen Information über Veränderungen bzw. Nicht-Erreichbarkeit des Plans

Haftung: Nicht-Beachtung der Pflichten kann zu einer Haftung gegenüber dem Unternehmen bzw. den Gläubigern führen. Obwohl während der Rechtsanhängigkeit des Restrukturierungsverfahrens die Insolvenzantragspflicht ruht, ist der Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gem. InsO ohne schuldhaftes Verzögern dem Gericht anzuzeigen. Pflichtverletzungen ziehen Freiheits- oder Geldstrafen nach sich.

Neue Verfahrens-Beteiligte / Der Restrukturierungsbeauftragte

Der Restrukturierungsbeauftragte wird vom Gericht oder auf Antrag bestellt und ist ein für den Einzelfall geeigneter, unabhängiger, in Restrukturierungs- und Insolvenzsachen erfahrener Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt oder eine sonstige natürliche Person mit vergleichbarer Qualifikation. Die Bestellung ist obligatorisch, sobald Eingriffsrechte genutzt werden, Stabilisierungsanordnungen erfolgen bzw. eine konsensuale Einigung nicht zu erwarten ist. Der Restrukturierungsbeauftragte hat überwachende und vermittelnde Aufgaben. Er ist im Auftrag des Gerichts tätig.                                                                                                                     

Neue Verfahrens-Beteiligte / Sanierungsmoderation

Der gerichtlich bestellte SanierungsmoderatorAuf Antrag des Unternehmens beim zuständigen Gericht bestellt dieses eine geeignete, geschäftskundige, von den Gläubigerinnen und der Schuldnerin unabhängige natürliche Person zum Sanierungsmoderator.

Der Sanierungsmoderator vermittelt zwischen Schuldner und Gläubigern, um eine Lösung zur Überwindung der wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten zu finden. Herrscht Einigkeit über die Maßnahmen, dann kann das Gericht diesen Sanierungs-vergleich bestätigen. Damit sind getroffene Regelungen unanfechtbar.

StaRUG – Zusammenfassung und Fazit

  • Durch dieses Gesetz wird ein weitreichendes, überwachtes System installiert, das die Rahmenbedingungen einer insolvenz-abwendenden Restrukturierung verbessert und unserer Rechtssystem sinnvoll ergänzt.
  • Die nun definierten Instrumente ermöglichen hauptsächlich finanzwirtschaftliche Eingriffe, die für die Erreichung einer nachhaltigen Restrukturierung nicht ausreichend sind; diese wird weiterhin erst durch Einsatz und Umsetzung leistungswirtschaftlicher Maßnahmen erreicht. 
  • Die Nicht-Öffentlichkeit des Verfahrens wird die Nutzung und Einbringung wesentlich erleichtern bzw. die Bereitschaft der Unternehmen, sich früh- und rechtzeitig den notwendigen Restrukturierungen zu stellen, erhöhen.
  • Allerdings sind die enthaltenen Detailregelungen kompliziert und damit schwer zu handhaben. Hinzu kommen für die Geschäftsleiter und CRO´s erweiterte Pflichten und Haftungen im Spannungsfeld zwischen Gläubiger- und Gesellschafter-Interessen.
  • Hier bietet sich ganz besonders der Einsatz von Restrukturierungsexperten (CRO`s) mit operativer Fach- und Führungserfahrung an.